BMF: Digitale AfA im Steuerrecht

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SPEZIALDIALOG: Transparenzregister als Vollregister

Schaubild

Das Transparenzregister wird vom Auffüllregister zum Vollregister. Für viele Unternehmen bedeutet dies, dass die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten vollständig eingetragen sein müssen. Übergangsfristen erleichtern die Umsetzung. Viele Regeln sind zu beachten.

Der SPEZIALDIALOG stellt einen inhaltlichen Ablauf der wichtigsten Regeln auf und erläutert durch ausgewählte Anwendungsbeispiele die Umsetzung.

Weitere Informationen finden Sie in unserem aktuellen Flyer zum Download.

Termin:
Dienstag,   21.06.2022, 10:00 – 11:30 Uhr

Zur Buchung


BMF: Digitale AfA im Steuerrecht

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

gut gemeint, viel mediale Aufmerksamkeit und trotzdem irgendwie eine „Acht im Rad“. So wirkt die neue untergesetzliche digitale AfA im Steuerrecht für digitale Wirtschaftsgüter (BMF-Schreiben vom 26.02.2021, IV C 3 – S 2190/21/10002, BStBl. I 2021, 298). Die Neufassung dieser finanzamtlichen Regelung (BMF-Schreiben vom 22.02.2021, IV C 3 – S 2190/21/10002) sollte Anwendungsfragen klären, entwickelte schlussendlich aber die Diskussion über eine Grundsatzfrage: Verhindert die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz gegenüber der Steuerbilanz die Anwendung bei Kaufleuten (?).

Quintessenz
Die digitale AfA im Steuerrecht ist abweichend von der Handelsbilanz anwendbar, weil es eine Modifizierung der amtlichen AfA-Tabelle darstellt. Also hindert die Maßgeblichkeit – so das BMF – die Anwendung nicht.

IDW
Das IDW hat zum geänderten BMF-Schreiben Stellung (25.03.2022) genommen.

„Auch wenn die ergänzenden Formulierungen (in den Tz. 1.1 bis 1.4 des geänderten BMF-Schreibens) erkennbar auf eine Absicherung der Rechtsanwendung gerichtet sind, sind diese nach unserer Auffassung jedoch überwiegend nicht geeignet, den Steuerpflichtigen mehr Rechtssicherheit für die bilanzielle Behandlung der in den sachlichen Anwendungsbereich fallenden Investitionen zu geben. Vor allem für bilanzierende Steuerpflichtige (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 EStG: hier: „Kaufleute“) wurden Rechtsanwendungsrisiken begründet. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die steuerliche Fiktion einer Nutzungsdauer von nur einem Jahr grundsätzlich nicht der Bemessung der handelsrechtlichen Abschreibung digitaler Vermögensgegenstände zugrunde gelegt werden kann (sondern diese über ihre jeweilige tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben sind). Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) hatte sich am 22.03.2021 in Form einer Berichterstattung über eine außerordentliche Sitzung vom 16.03.2021 (und inhaltlich gleichlautend zudem im Fachlichen Hinweis "Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 3)") dazu geäußert, welche Auswirkungen von dem damaligen BMF-Schreiben aus 2021 auf die handelsrechtliche Bilanzierung ausgehen. Aufgrund der neuen Tz. 1.1 wurde eine Anpassung der ursprünglichen Veröffentlichung erforderlich, diese wird zeitnah erscheinen.

Positiv bewerten wir die ergänzte Nichtbeanstandungsregelung in Tz. 1.4, wonach auch eine sofortige Abschreibung (in voller Höhe) im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wirtschaftsgüter möglich ist. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang jedoch zum einen, wie die ergänzte Feststellung in Tz. 1.1, dass die lineare Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 EStG auch weiterhin zur Anwendung komme, mit dem entgegenstehenden Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu vereinbaren ist, nach dem die Abschreibungsvorschriften erst bei einer Nutzungsdauer von "mehr als einem Jahr" zur Anwendung kommen. Zum anderen steht die Auffassung des BMF, wonach grundsätzlich "pro rata temporis" gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG abzuschreiben sein soll, im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 26.08.1993 (IV R 127/91, BStBl. 1994 II, S. 232) entschieden, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von "kurzlebigen Wirtschaftsgütern", d.h. Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer zwölf Monate nicht übersteigt, auch dann in voller Höhe im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung abzuziehen sind, wenn sie in der zweiten Hälfte des Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt werden und ihre Nutzungsdauer über den Bilanzstichtag hinausreicht.“

BMF
Das BMF hat sich hinsichtlich der zahlreichen Eingaben und Meinungsäußerungen dankenswerter Weise sehr zeitlich geäußert (BMF-Schreiben vom 26.04.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002, DStR 2022, 942):

„ Vor diesem Hintergrund wurde die voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter neu beurteilt. Die technische Nutzungsdauer bleibt hiervon unberührt. Der Ansatz der kürzeren wirtschaftlichen Nutzungsdauer für die Abschreibung ist zulässig.“

„  […] Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass die gesetzliche Regelung des § 7 Abs. 1 S. 4 EStG nicht ausgeschlossen ist und bei der Abschreibung berücksichtigt werden kann. In der Neufassung des BMF-Schreibens wird nunmehr klarstellend ausgeführt, dass die Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer keine Wahlrechtsausübung iSd § 5 Abs. 1 EStG darstellt. Eine andere Interpretation ist auch nicht möglich, da mit dem BMF-Schreiben die bestehende Abschreibungssystematik nicht modifiziert wurde. Die Annahme einer neuen kürzeren Nutzungsdauer hat daher keine besonderen Auswirkungen auf das Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz. Auch ohne diese Annahme können in der Praxis in der Handelsbilanz andere Nutzungsdauern für die planmäßigen Abschreibungen zu Grunde gelegt werden als für die Absetzung für Abnutzung in der Steuerbilanz. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG gilt grundsätzlich zwar auch für die Bewertung der Wirtschaftsgüter. Nach dem steuerlichen Bewertungsvorbehalt in § 5 Abs. 6 EStG, der sich auch auf die Absetzung für Abnutzung bezieht, können aber auch Abweichungen zwischen der handelsrechtlichen und der steuerrechtlichen Bewertung bestehen. Da die im BMF-Schreiben angebotene Annahme einer kürzeren Nutzungsdauer – wie dargelegt – keine Sonderregelung darstellt bzw. das Abschreibungssystem nicht verändert, ist das BMF-Schreiben auch nicht beihilferechtlich beachtlich. Erst eine von den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen abweichende Sonderregelung wäre beihilferechtlich relevant. Dies liegt jedoch erkennbar nicht vor.“

Wir werden im nächsten AKTUELLEN STEUERDIALOG dieses Thema abschließend noch einmal aufgreifen, weil jetzt eine gesetzliche Regelung in Aussicht gestellt wurde. So eine gesetzliche Regelung hätte eine enorme Anwendungssicherheit für die Steuerpflichtigen.


Ihr Team zeitstaerken.de
StB Jürgen Hegemann / Tim Adrion