BSG: Rückwirkende Feststellung der Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

das Bundessozialgericht (BSG) musste sich endlich mit der Frage auseinandersetzen, ob die ausgeübte Sozialversicherungspraxis die Sozialversicherungspflicht von Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern oder Fremdgeschäftsführern in sog. Familiengesellschaften - oft mit hohen Nachzahlungen verbunden - zu bescheiden, nach Aufgabe der sog. „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung rechtens ist. Die nunmehr veröffentlichte und in der Fachliteratur (Lau, DStR 2019, 2207) kommentierte aktuelle Entscheidung bestätigt die Vorgehensweise in den Sozialversicherungsprüfungen (BSG vom 19.9.2019, B 12 R 25/18 R, B 12 KR 21/19, B 12 R 7/19 R, B 12 R 9/19, noch n.v.; vgl. Terminbericht Nr.41/19, www.bundessozialgericht.de; Lau, DStR 2019, 2207).

Während früher auch die faktischen Verhältnisse im Unternehmen auf die Sozialversicherungspflicht Einfluss haben konnten, stellt das BSG nunmehr - aus nachvollziehbaren Gründen der Rechtssicherheit - ausschließlich auf die Regelungen im Gesellschaftsvertrag - und der Gesellschaftssatzung - ab.

Fraglich war, inwieweit auch im Sozialversicherungsrecht der Grundsatz von Treu und Glauben vor unerwarteten - für abgelaufene Jahre - Beitragserhebungen schützt, wenn vorangegangene beanstandungslose Betriebsprüfungen entweder ohne (bindenden) Verwaltungsakt oder, falls Betriebsprüfungsbescheide erlassen wurden, diese eine materielle Bindungswirkung nur für die Prüfungszeiträume entfalteten.

Die Ergebnisse des Bundessozialgerichts (BSG) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Ein bestandskräftiger Statusfeststellungsbescheid (§ 7a SGB IV) entwickelt Bindungswirkung auch für die Zukunft.
  2. Darüber hinausgehende Ansprüche aus dem Grundsatz von Treu und Glauben bedürfen der jeweiligen Einzelfallprüfung.
  3. Das BSG hat auch entschieden, dass die sog. „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung keinen Vertrauensschutz begründet.

Nachforderungen von Sozialversicherungsträgern für die Vergangenheit sind nach den jetzigen Entscheidungen des BSG auch für familiär geprägte Gesellschaften rechtlich zulässig! Eine Berufung auf einen Vertrauensschutz ist abzulehnen.


Hinweis:

Kostenintensive aufwendige Einzelfallüberprüfungen des Vertrauensschutzes gibt es weiterhin. Ein regelmäßiger Vertrauensschutz wird nunmehr gerichtlich abgelehnt.


 

Ihr Team zeitstaerken.de

StB Jürgen Hegemann / StBin Tanja Hegeman