FG: Berichtigungsfähige Rechnung in Form eines Mietvertrages

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„Raus aus der Niedrigsteuerphase“ bedeutet, dass die Wirtschaft die Corona-bedingte Senkung der beiden Umsatzsteuersätze (16 % bzw. 5 %) wieder in den alten Zustand (19 % bzw. 7 %) zurückdreht (ohne Gastronomie). Zwei Blickwinkel werden in unserem SPEZIALDIALOG vorgestellt:(i) Endverbraucher und nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer haben Interesse daran, die gesenkten Steuersätze zu nutzen, am besten auch für Leistungen nach dem 31.12.2020. Die Gutscheinlösung kann hierfür genutzt werden. (ii) Die Unternehmen unterliegen einem Umstellungsprozess, wenn die Anzahlungen bzw. Vorauszahlungen der späteren, nach dem 31.12.2020 auszustellenden, Schlussrechnung zugeführt werden. Die Korrektheit der Ausgangsrechnung steht im Fokus.

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FG: Berichtigungsfähige Rechnung in Form eines Mietvertrags

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

das Thema „berichtigungsfähige Rechnung“ für den Vorsteuerabzug ist in aller Munde. Auch wir berichten frohgelaunt im AKTUELLEN STEUERDIALOG darüber, dass endlich sich die Finanzverwaltung in Deutschland einen Ruck gegeben hat und die ergangene EuGH- und BFH-Rechtsprechung anwendet. Wissen Sie auch noch aus dem Vortrag: „Senatex“, „Balis“ und „Vadan“ – alles wohlklingende Namen aus der EuGH-Rechtsprechung mit jeweils sehr interessanten und wichtigen Aussagen für die Unternehmen und deren Vorsteuerabzug. Tenor ist also: Erfüllt eine Eingangsrechnung die fünf Mindestanforderungen (sog. „Give-me-five-Prinzip“) so kann deren lückenhafter oder fehlerhafter Inhalt mit Rückwirkung berichtigt bzw. ergänzt werden, so dass der Unternehmer den Vorsteuerabzug von Anfang an erhält. Nun wurde vor dem FG Münster darüber gestritten, ob auch ein Mietvertrag eine berichtigungsfähige Rechnung darstellt (FG Münster vom 29.9.2020, 15 K 2680/18 U, nrkr.; Revision zugelassen).


Sachverhalt
In einem zwischen zwei Unternehmern abgeschlossenen Mietvertrag ist der Mietzins in Höhe von 4.630 € zuzüglich jeweils geschuldeter Umsatzsteuer geregelt. Der Mietvertrag enthielt keinen Hinweis auf eine Option zur Umsatzsteuer und auch nicht die Steuernummer oder USt-IdNr. der Vermieterin. Der vorsteuerabzugsberechtigte Mieter (Unternehmer II) zahlte die Miete per Überweisung. Für Januar 2013 erfolgte eine Überweisung mit der Bezeichnung „Miete einschl. Nebenkosten A-Str. 13b“ über 5.509,70 €. Ab dem 01.02.2013 erfolgte die Zahlung monatlich per Sammelüberweisung (4.699,31 € + 810,39 €). Am 18.10.2017 erstellte die Vermieterin (Unternehmer I) über die Vermietung eine mit ihrer Steuernummer und USt-IdNr. versehene Dauerrechnung, in der es wie folgt heißt: Diese Rechnung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013; Grundlage dieser Rechnung ist der Mietvertrag vom 18.12.2012. Die Gültigkeit dieser Rechnung erlischt, wenn sie durch eine neu ausgestellte Rechnung ersetzt wird. Die Gültigkeit dieser Rechnung erlischt, wenn das Vertragsverhältnis beendet wird.

Monatliche Leistung: 3.427 € Miete + 522 € Betriebskosten Abschlag + 681 € Betriebskosten Abschlag + 879,90 € gesetzlich gültige Mehrwertsteuer, zur Zeit 19 %, 5.509,90 € Mietzahlung. Das Finanzamt lehnte den ursprünglichen Vorsteuerabzug wegen fehlerhafter Rechnung ab. Die am 18.10.2017 ausgestellte Dauerrechnung lasse keine Rückwirkung zu.


Besteuerungsproblem
Streitig ist, ob ein Mietvertrag ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer eine berichtigungsfähige Rechnung darstellt.


Lösung des FG
Das Finanzamt hat zu Recht den Vorsteuerabzug aus den Mietzahlungen der Mieterin für den Vz. 2013 versagt. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung wurde damit vom FG Münster wie vom Finanzamt (auch) abgelehnt.

Begründung des FG
Grundsätzlich beruft sich auch das FG Münster auf die BFH-Rechtsprechung zur rückwirkend berichtigungsfähigen Rechnung, wenn die fünf Mindestanforderungen in einem ausreichenden Maße erfüllt sind (Rz. 50 bis Rz. 57).

Aber: „Bei dem Mietvertrag vom 18.12.2012 in Verbindung mit den monatlichen Zahlungsbelegen handelt es sich nicht um eine berichtigungsfähige Rechnung in diesem Sinne (Rz. 58).“

Und dabei hat das FG Münster recht, indem es nochmals ausdrücklich darauf hinweist, dass „Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt (BFH-Beschluss vom 3.2.2016 V B 35/15, BFH/NV 2016, 794). (Rz. 59)“. „Vorliegend fehlt es an einem ausreichenden Ausweis der Umsatzsteuer im Mietvertrag vom 18.12.2012. (Rz. 60)“.

„Damit lag im Streitjahr 2013 keine (berichtigungsfähige) Rechnung vor, so dass die am 18.10.2017 mit gesondertem Steuerausweis ausgestellte Dauerrechnung nicht auf das Jahr 2013 zurückwirkt. (Rz. 61)“


Beratung
In der Praxis ist weiterhin darauf zu achten, das (Dauer-)Rechnungen das sog. „Give-me-five-Prinzip“ erfüllen!

Ihr Team zeitstaerken.de
StB Jürgen Hegemann / Tim Adrion / StB Melissa Schweizer